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25.02.2016

Hoch über dem Achensee

 

Abheben mit „Mad“ Mike Küng: „Hike & Fly“ am Tiroler Achensee – eine Bergtour zum Traumstartplatz und dann im Gleitschirm durch die Thermik. Oder Audienz beim König der Lüfte: Am Tiroler Achensee lädt der Naturpark Karwendel zu neuen Steinadlerführungen und gigantischen Aussichten ein.

 

Mit „Mad“ Mike Küng in der Luft

„Tieeeef einatmen. Die Lungen bewusst mit Luft füllen. Den eigenen Atem fühlen. Immer wieder sagt er das. „Mad“ Mike Küng (48), einer der schrägsten Vögel aus der Gleitschirmflieger-Szene, wäre sicher auch als Meditationstrainer nicht schlecht. Im Moment jedoch – im Tandem hoch über dem Tiroler Achensee – geht es ihm ein ganz klein wenig auch um den Selbstschutz. Darum, dass sich seiner Beifliegerin beim Schraubendrehen nicht gleich der Magen mit umdreht. Denn wenn Mike durch thermische Turbulenzen steuert und mit den Winden spielt, kommt das ziemlich nah ans Achterbahnfahren ran. „Viele vergessen das Atmen und schon ist’s geschehen“, weiss der Voll-Profi. Der selbstverständlich auch als zahmer Vogel unterwegs sein kann. Wer die Legende der Lüfte – dreimaliger Weltmeister im Akrobatikfliegen, Halter des Höhenflugweltrekords, bekannt für seine spektakuläre Überquerung des Ärmelkanals oder die Punktlandung im Ferrari Cabrio – live erleben möchte, kann sich zum „Hike & Fly“ anmelden. Ein Abenteuer für Piloten mit eigenem Schirm ebenso wie für sportliche Gäste, die Mike dann im Tandem mitnimmt.

Dabei wird niemandem etwas geschenkt. Im Gegenteil. „Wir verdienen uns den Flug“, sagt Mike, für den Anstieg und Abheben die zwei Seiten des perfekten Outdoor-Erlebnisses mit Suchtfaktor sind. Auf schweren, kräftezehrenden Bergtouren geht es zu Fuss zu abgelegenen Traumstartplätzen irgendwo im Rofangebirge. Bergführer Andreas Nothdurfter (37), der in der Gipfelwelt rund um den Achensee zuhause ist, führt auf dem Weg hinauf Regie. „Wir wählen nicht immer den kürzesten Weg, sondern den schönsten“, sagt er und verspricht exklusive Natur-Erlebnisse. Garniert mit etlichen Herausforderungen. Ausgesetzte Passagen, kleine Klettereien, Gehen in der Seilschaft. Und das alles mit sperrigem Riesenrucksack auf dem Rücken, der den Schwerpunkt verlagert. Piloten transportieren immerhin bis zu zehn Kilo Equipment den Berg hinauf. Auch wer als Beifahrer im Tandem mitfliegt, hat einiges zu tragen.

Vielleicht doch einfach mit der Gondel hoch und dann entspannt runtersegeln? „Total langweilig“, meint Mike, und der Vergleich zu einem Skifahrer drängt sich auf, der genügend Pisten gesehen hat und von der Faszination des Tourengehens schwärmt. „Der Achensee ist ein absolutes Thermik-Traumrevier“, sagt Mike, der aus eben diesem Grunde hergezogen ist und mit seiner Familie in Steinberg am Rofan wohnt. Im Schnitt kommt er auf 800 bis 1000 Flüge pro Jahr. Dabei ist er als Testpilot für diverse Hersteller unterwegs und arbeitet im Haupt-Job für die EAPR-Prüfstelle, eine Art TÜV, der für die Zulassung neuer Gleitschirmmodelle zuständig ist. Weil Notlandungen im Wasser im Zweifel immer noch die bessere Wahl sind, ist der Achensee nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen die perfekte Region für Profi-Flieger und wagemutige Cracks. Und nicht zu vergessen: ein Top-Ausgangspunkt für Streckenflüge, denn von hier oben lässt es sich leicht in die „Rennbahn“ durchs Inntal bis hinüber in die Schweiz einfädeln.

 

Wanderungen um den Achensee

Aber zurück zum Wandern mit schwerem Gepäck. Die Einsteigertour führt von Maurach (950 m) über die Buchauer Alm und die Mauritzalm hinauf zum Spieljoch (2236 m) und dauert immerhin drei Stunden. Der Blick reicht von den Hohen Tauern im Süden über die Zillertaler und die Stubaier Alpen bis zum Karwendel und in die bayerischen Voralpen hinein. „Von hier oben haben wir in der Regel den direkten Anschluss an die Thermik“, erklärt Mike. Hochschrauben, wieder runter, mindestens eine Stunde durch die Lüfte gleiten – der Traum vom Fliegen. Sofern man das Atmen nicht vergisst. „Und nicht dauernd durch die Handykamera guckt“, warnt Mike.

Auch Hochiss (2299 m), Unnütz (2078 m) oder Guffert (2195 m) sind ideale Startplätze. Je nach Wetterlage und Kondition der Teilnehmer wird entschieden, wo es hingeht. „Zum Kennenlernen steht am ersten Tag auf jeden Fall eine softere Tour auf dem Programm, der Rest zeigt sich dann“, sagt Bergführer Andreas, der den Teilnehmern unterwegs bergsteigerisches Know how vermittelt und nebenbei die Augen für die besondere Bergwelt am Achensee öffnet. „Vielleicht können wir auch mal von der Haidachstellwand starten, dem ersten Berg des Fünf-Gipfel-Klettersteigs.“

 

Termine

„Hike & Fly“ wird angeboten am 17./18. September, 22./23. Oktober und 5./6. November. Weitere Termine auf Anfrage. Nach einer Einsteigertour an Tag eins (drei Stunden im Anstieg) ist für Tag zwei ein anspruchsvolleres Bergerlebnis vorgesehen – je nach Niveau der Teilnehmer. Voraussetzung immer: Gute Kondition, Trittsicherheit, Schwindelfreiheit. Preis: 399 Euro pro Person. http://www.madmikekueng.com/. Übernachtungen gibt es am Achensee bereits ab 30 Euro (Frühstückspension) bzw. 45 Euro (3-Sterne-Hotel). http://www.achensee.com/

 

 

Gestatten – der König

„Aquila chrysaetos“, auch als Steinadler bekannt. Sein Reich sind die Flanken, Grate und Gründe des Naturpark Karwendel, der sich vom Westufer des Achensees bis hinüber in bayerische Gefilde erstreckt. Wer auf Tuchfühlung mit ihrer gefiederten Majestät gehen möchte, begibt sich zu exklusiven Terminen auf Ranger-Tour durch den grössten Naturpark Österreichs. Dann zeigt Rangerin Sina Hölscher seine Jagdreviere und Lebensräume und hat dabei immer die passenden Infos, ein Spektiv oder Fernglas zur Hand.

Sina ist Diplom-Geographin. Sie kam bereits vor über 13 Jahren im Rahmen eines Praktikums auf den Steinadler – seitdem lässt er sie einfach nicht mehr los. Ihre Faszination teilt sie auf den knapp siebenstündigen Führungen mit den interessierten Teilnehmern. „Mir ist besonders wichtig, dass wir viel Zeit für die Beobachtung haben.“ Und für die gigantischen Ausblicke auf den Achensee, um den sich die fünf Orte Achenkirch, Maurach, Pertisau, Steinberg und Wiesing gruppieren.

An der Talstation der Karwendel-Bergbahn in Pertisau überreicht sie den Teilnehmern die Ferngläser, bevor sie gemeinsam mit ihnen auf den Zwölferkopf (1491 m) gondelt und eine erste Einführung gibt. Zunächst zum Naturpark Karwendel, der mit 727 Quadratkilometern der grösste Österreichs ist und der die höchste Steinadlerdichte im gesamten Alpenbogen aufweist. Auf der Tiroler Seite allein sind es 14 Brutpaare, von insgesamt 21. „Hier im Karwendelgebirge haben sie einfach optimale Bedingungen.“ Steinadler finden ideales Terrain, um ihre Horste anzulegen, ungestört zu jagen und zu leben – denn das Beuteangebot ist beträchtlich.

Wie gross so ein Steinadler eigentlich wird? 75 bis 90 Zentimeter – im Sitzen. Die Spannweite der Flügel bei den Weibchen ist mit 2,30 Metern deutlich höher, als die der Männchen. Auch sind sie meistens zwei Kilo schwerer und irgendwie wuchtiger. Daher können sie eher die grösseren Beutetiere jagen, während die Steinadler-Herren wendiger sind und lieber die kleinen „Happen“ vorziehen.

Apropos „Happen“ – erster Beobachtungsstopp und Jausenpause, mit Blick in die Karwendeltäler und auf steile Felswände. Sina stellt ihr Spektiv auf und sucht. Der Adler hat sich noch nicht gezeigt, dafür eine Gruppe Gämsen, die man auf dem einzig verbliebenen Schneefeld gut erkennen kann. Mit den Ferngläsern und zusammengekniffenen Augen scannen die Teilnehmer den Sommerhimmel ab. Wo steckt er nur? „Vielleicht sieht er uns – und wir ihn dafür nicht“, meint Sina. Wäre auch kein Wunder, denn die Tiere haben ein acht Mal so gutes Auge wie der Mensch und sehen bedeutend mehr Bilder pro Sekunde. Adlerauge Sina erwischt ihn dann doch. Auf seiner Ansitzwarte hockt er. Wie bestellt. Sonnenbrillen runter und ran an die Guck-Hilfen. Als alle durch sind, schwebt er davon.

Vielleicht hat er seine Lieblingsspeise entdeckt oder fliegt zurück in seinen Horst zu Weibchen und Nachwuchs? Nach einer weiteren Wanderetappe zum Weissenbachsattel (1700 m) erklärt Sina, dass Adlers Lieblingsspeise Murmeltiere sind. Zu seinem Leidwesen gibt’s davon im Naturpark nicht so viele. Also muss er häufiger auf andere Mahlzeiten ausweichen, damit er auf seine 200 Gramm Fleisch am Tag kommt. Wenn nicht, tut’s auch mal Fisch, Heuschrecken oder ein Tag Diät. Was nicht heissen soll, dass er es nicht mit grossen Tieren aufnimmt. Steinadler, besonders die Weibchen, sind durchaus in der Lage, Gamskitze zu schlagen. Sie sind Grifftöter und üben mit ihren Fängen einen enormen Druck aus, bis das Tier stirbt. Anschliessend müssen sie es zerkleinern, um es in ihren Horst einzubringen. Hoffentlich ist dann daheim aufgeräumt. „Denn nicht jeder Vogel hat es mit der Ordnung“, erzählt Sina, und es menschelt fast.

Die Gruppe tritt den Rückweg an und hofft auf eine weitere Begegnung. Ein Segelflieger zieht vorbei. „Kein schlechtes Zeichen“, sagt Sina, „denn teilweise benutzen Adler und Mensch die gleichen Thermikschläuche“. Und tatsächlich, er zeigt sich: Der König – „Aquila chrysaetos“.

Fakten zur Tour

Die sieben Kilometer lange Tour mit 450 Höhenmetern dauert rund sieben Stunden (reine Gehzeit ca. drei Stunden) und ist für Kinder ab 12 Jahren geeignet. Voraussetzung ist sicheres Gehen auf einem Steig. Neben festem Schuhwerk, Getränken und Brotzeit (Pflicht) sind Fernglas, Kamera und Sitzunterlage empfehlenswert. Treffpunkt: 9.15 Uhr, Talstation Karwendel-Bergbahn, Pertisau. Einkehrmöglichkeiten nach der Tour vorhanden.

Termine 2016

05.05.2016 Tour Feilkopf, leichtere Tour 20.05.2016 Tour Feilkopf, leichtere Tour 07.05.2016 Tour Bärenkopf, mittelschwere Tour 12.06.2016 Tour Feilkopf, leichtere Tour 05.07.2016 Tour Bärenkopf, mittelschwere Tour 27.07.2016 Tour Bärenkopf, mittelschwere Tour 05.08.2016 Tour Bärenkopf, mittelschwere Tour

Preis und Anmeldung

Die Anmeldung erfolgt direkt über die Ranger des Naturpark Karwendel (www.karwendel.org) unter Tel. +43 664 262 95 35 (Sina Hölscher) und kostet für Erwachsene 19 Euro sowie für Kinder 7,50 Euro. Die Berg- und Talfahrt mit der Karwendel-Bergbahn beträgt für Erwachsene 16,50 Euro, für Kinder 10,50 Euro. Mit der Achenseecard (Gästekarte) 15,50 Euro für Erwachsene und 9,50 Euro für Kinder. Für Besitzer der Achensee Erlebniscard sind die Fahrten mit der Karwendel-Bergbahn kostenlos.

 

Unser Tipp

Für eine ganze Ferienwoche freier Eintritt für neun Attraktionen wie Achenseeschifffahrt, Bergbahnen, Achenseebahn, Tiroler Steinöl Vitalberg und Museen in der Region, u.a. die Swarovski Kristallwelten in Wattens. Erwachsene erhalten die Erlebniscard um 63 Euro, Kinder (ab 6 bis 15 Jahre) bezahlen die Hälfte.

 

Weitere Informationen

www.achensee.com

Schirme Rofan2
Schirme Rofan2 © Kunz PR
Klettern
Klettern © Kunz PR
Mad Mike
Mad Mike © Mike Küng
Steinadlerwanderung
Steinadlerwanderung © © Achensee Tourismus
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Klettern2 © Kunz PR
Aquila chrystaeos
Aquila chrystaeos © ©OttoLeiner
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Aquila chrystaeos © ©OttoLeiner